Page 9 - Sturz eines Siegers
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Zollstock ragte. Gliedermaßstab, ermahnte Mark sich. Darüber trug er eine Strickweste, welche ihm unförmig von den Schultern schlabberte. Seine Füße steckten in Gummistiefeln mit Stahlkappen, selten, aber in seinem Baumarkt gab es diese Schutzbekleidung auch.
Er arbeitet in seinem Garten, dachte Mark. In Anbetracht der Tatsache, dass es Mittwoch war, musste sich sein Nachbar entweder im Urlaub befinden oder er war bereits Rentner. Und das mit seinen knapp 50 Jahren?
„Freut mich, dich kennen zu lernen. Wir hier in Waldesruh duzen uns alle. Ich denke, damit sollten wir auch umgehend beginnen.“, stellte sich sein Nachbar vor und erwartete keinen Protest aufgrund der „Du-Ausgangslage“. „Ich bin Dietmar. Dietmar Husenkamp. Ich bin der Bürgermeister von Waldesruh und euer Nachbar. Ich bin mir sicher, wir werden uns verstehen.“
Oder er ist weder im Urlaub noch Rentner, sondern einfach nur der Bürgermeister, korrigierte Mark seine falsche Einschätzung des brandneuen Nachbarn.
Teresa übernahm den Verlauf der Vorstellrunde: „Was mein Mann mit dem wirklich unlustigen Kellerwitz andeuten wollte, ist, dass unser Großer sich momentan ausgiebig seiner „Stinkstiefel-Zeit“ widmet. Sie, Verzeihung, du weißt schon.“, sie äffte, zugegeben gut stand Mark sich ein, Dennis nach „Eltern sind doof, Schule ist doof, meine kleine Schwester ist doof. Ich will in Köln bleiben, muss aber ins doofe Waldesruh.“, unterbrach sie ihre Intonierung. Teresa schaute ihrem Mann tief in die Augen. Schweiß begann sich auf Marks Händeflächen zu bilden. Seine linke Gesichtshälfte regte sich. Es war noch nicht das zuckende Gefühl, stellte er fest, aber es wird jeden Augenblick beginnen.
„Naja, zumindest im letzten Punkt sind Vater und Sohn sich nicht ganz so unähnlich. Auch wenn der Papa,“ sie stupste Mark neckisch an „das nicht so gerne zugibt.“
Dietmar lachte: „Ja, von der Stadt aufs Land. Ich verstehe Euch. Die meisten Menschen, die sich zu diesem Schritt entschließen, machen es aus Überzeugung und freuen sich darauf.“ Er sah Mark intensiv an, ein süffisantes, aber nicht unsympathisches Lächeln umspielte seine Lippen. Er sprach weiter, mehr so als würde er mit sich reden: „Hin und wieder, und auch das ist keine Seltenheit, zieht man allerdings nicht aus freien Stücken um. Man wehrt sich
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