Page 157 - Sturz eines Siegers
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Dinge unterhalten und das nur um des Redens willen. Nein, Freunde verstanden es blendend, gemeinsam zu schweigen. Es reichte in diesen Momenten einfach, dass sie zusammen waren und sie hatten keinen Grund, Momente mit Geräuschen (und wenn es nur die eigene Stimme war) zu stören.
Das „nachdenkliche Schweigen“ kannte Mark auch zu gut. Dieses Schweigen hatte keinerlei Emotion. Es bestand nur aus dem Grund, weil das Gehirn momentan damit beschäftigt war, etwas herauszufinden und man fühlte sich nicht in der Lage, sich verbal zu äußern. Noch nicht mal Kleinigkeiten, wie „Ja“ oder „Nein“ konnte dann über Marks Lippen gezwungen werden. Dieses Schweigen führte Mark einmal in einem der heftigsten Streitgespräche mit Teresa, die er jemals hatte. Und dabei war der Grund so lapidar. Er hatte sich damals einen Virus auf seinem alten PC geholt. Mittlerweile wusste er nicht mehr, wie er das geschafft hatte und auch nicht, wie und warum er diesen Virus festgestellt hatte. Auf jeden Fall saß Mark an diesem einen Abend vor seinem befallenen PC und versuchte mit seinem überschaubaren Sinn für Computerwesen das Virus zu finden und im besten Fall zu entfernen. Er musste Stunden vor dem Computer verbracht haben und war aufs Äußerste konzentriert. Als Teresa ihn fragte, ob er Lust hätte mit allen zu Abend zu essen, fühlte Mark sich nicht in der Lage zu antworten. Er hatte die Frage genau gehört und wusste auch, dass er nicht mitessen wollte. Er konnte aber einfach nicht antworten, weil er sich auf das aktuelle Problem konzentrierte. Teresa hielt das damals für eine unmögliche Eigenschaft und so entfachte der Streit.
„Betretenes Schweigen“ fiel Mark jetzt ein. Dieses Schweigen auf Beerdigungen oder wenn ein Kollege, mit dem man sich gut verstand, plötzlich vor einem steht, um mitzuteilen, dass der Bergmann ihm soeben die Kündigung überreicht hatte. Das war vor knapp einem Jahr, doch Mark erinnerte sich, als wäre es gestern gewesen.
Oder aber nach einem Streit. Die Wogen waren zwar geglättet, aber dennoch war da diese Stille, dieses betretene Schweigen. Genau das war es, was momentan zwischen Mark und Hasan herrschte. Sie hatten sich ausgesprochen und auch vertragen. Mehr noch, Mark hatte sich für seine barsche Reaktion sogar entschuldigt. Zugegeben, ein wenig gegen seine Überzeugung,
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